Fakultät für Biowissenschaften Geschichte

Geschichte der Biologie in Heidelberg

19. Jahrhundert

Die Biologische Fakultät der Universität Heidelberg hat einige der bedeutendsten Forscher des 19. und 20. Jahrhunderts hervorgebracht. Die Fakultät unterstützte Darwins Evolutionstheorie schon in seiner Frühphase und steht für die frühen Anfänge der experimentellen Biologie, insbesondere für die Forschung in Physiologie, Entwicklungsbiologie und Chemie. Der Botaniker Georg Klebs (1857-1918) war der Begründer der Entwicklungsbiologie der Pflanzen, und der Zoologe Otto Bütschli (1848-1920) war einer der Väter der Zellbiologie. Sie zogen ihrerseits andere experimentell orientierte Forscher:innen nach Heidelberg.

Aufbruch der chemischen Biologie in den zwanziger Jahren und Niedergang im Nationalsozialismus

Mit der Entdeckung der Glykolyse und des Atmungsenzyms Cytochrom-c-Oxidase, für die Meyerhof und Warburg 1922 bzw. 1931 die Nobelpreise erhielten, war Heidelberg auch ein Mekka der Biochemie. Während des Nationalsozialismus wurde die weitere Entwicklung der Biologie in Heidelberg stark unterbrochen. Dies dauerte bis weit in die Nachkriegszeit hinein und erst Anfang der 1970er Jahre kam es zu einem Aufschwung.

Aufschwung der Molekularbiologie

Nach dem Krieg begründete die Einführung des Elektronenmikroskops die moderne Zellstrukturforschung, und DFG-Schwerpunktprogramme in Zoologie und Botanik belebten die Forschung auf dem Gebiet der Entwicklungsphysiologie. Der Beginn der Molekularbiologie in Heidelberg geht auf eine Initiative des Physikalischen Instituts und die Entscheidung der gesamten Naturwissenschaftlich-Mathematischen Fakultäten zurück, 1966 ein Institut für Molekulargenetik zu gründen. Ekkehard Bautz, der wie sein damaliger Kollege Hermann Bujard aus den USA kam, wurde 1969 zum ordentlichen Professor ernannt. Im Jahr 1974 wurde Heinz Schaller auf den neuen Lehrstuhl für Mikrobiologie berufen. Beide Professuren waren sehr erfolgreich und verhalfen der Molekularbiologie in Heidelberg zu weltweiter Anerkennung. Das gestiegene Ansehen der Abteilung sowie Kenneth Holmes, Hartmut Hoffmann-Berling und Theodor Wieland vom MPI für medizinische Forschung, der Aufstieg des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zu einer Großforschungseinrichtung (1975) und der Erwerb des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) haben Heidelberg zu einem der wichtigsten europäischen Forschungszentren für Molekularbiologie gemacht.

All dies geschah entgegen den ursprünglichen Plänen der Landesregierung, die Freiburg und Konstanz zu den Hauptzentren der Molekularbiologie machen wollte. 1981 gelang es dem damaligen Dekan Bautz, die BASF AG zu einer großzügigen finanziellen Unterstützung zu überzeugen und damit ein Signal für die Molekularbiologie an der Universität Heidelberg zu setzen, das Ministerpräsident Späth mit der Zustimmung zum Bau eines neuen Laborgebäudes beantwortete. So konnte sich das Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) zügig entwickeln, und mit Schallers Verhandlungen wurden Voraussetzungen geschaffen, die die hohen Standard der Einrichtungen erhalten lassen. Das ZMBH mit seinen neuen Forschungsstrukturen war Vorbild für weitere biowissenschaftliche Zentren an der Universität Heidelberg und anderen deutschen Universitäten.

Integration von Pharmazeutischer Biologie und Biotechnologie

Um die pharmakologische Forschung besser mit den molekularen Biowissenschaften und mit der Medizin in Heidelberg zu verknüpfen, wurde 1973 die Karlsruher Pharmazie nach Heidelberg verlegt. Im Jahr 2002 wurden die Institute der Pharmazeutischen Fakultät (Pharmazie, Pharmazeutische Technologie und Pharmazeutische Biologie) zum Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IMPB) in der nun größeren Fakultät für Biowissenschaften.

Neurobiologie

Auch die Neurowissenschaften erlebten durch die Integration der Molekularbiologie einen Aufschwung. 1976 wurde das Institut für Neurobiologie gegründet, das zusammen mit dem 1985 eingerichteten Sonderforschungsbereich 317 Molekulare Neurobiologie das Zentrum der Neurobiologie an der Universität Heidelberg bildete. Im Jahr 2000 wurde daraus das Interdisziplinäre Zentrum für Neurowissenschaften (IZN), das auch die klinische Neurobiologie und Neuroanatomie umfasst.

IPMB tritt der Fakultät für Ingenieurwissenschaften bei

Im Jahr 2021 wurde die Fakultät für Ingenieurwissenschaften mit dem Ziel gegründet, ihr Fachwissen im Bereich der Technik und des Ingenieurwesens zu bündeln. Mehrere unserer Fakultätsmitglieder werden in dieser neuen Fakultät eine Rolle spielen, auch wenn sie kooptierte Mitglieder bleiben werden.

Renaissance der organismischen Biologie

Im Jahr 2010 wurden die klassischen Disziplinen Zoologie und Botanik in einem neuen Zentrum für Organisationsstudien (COS) zusammengeführt. Im neu gegründeten COS werden Organismen aus verschiedenen taxonomischen Ebenen – von einzelligen Pilzen über einfache Tiere und Pflanzen bis hin zu Säugetieren und dem Menschen – auf systematischer Ebene untersucht, indem molekulare und organismische Ansätze kombiniert werden. Damit haben das ZMBH und das BZH erste Schritte zum Aufbau eines Netzwerks von Zentren eingeleitet, die in Heidelberg an komplexen wissenschaftlichen Fragestellungen forschen.  Ein interdisziplinäres Zentrum ist am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB) geplant. Die neurobiologischen Forschungsgruppen haben sich in einem umfassenden Netzwerk, dem IZN, organisiert. Die Fakultät für Biowissenschaften ist damit zu einer „Zentrumsfakultät“ geworden, die eng mit biologisch orientierten Bereichen der Chemie, Mathematik, Physik und Medizin verbunden ist. Diese integrative Stärke der Heidelberger Biowissenschaften manifestiert sich derzeit in sieben DFG-Forschungsverbünden und der Beteiligung an wichtigen BMBF- und EU-Programmen sowie in der Gründung mehrerer Technologietransferzentren.